Jörg T. Böckeler ist CEO der Hommage Luxury Hotels Collection von Dorint. Dazu gehören vier Hotels: Der Nassauer Hof in Wiesbaden mit dem traditionsreichen Sternerestaurant
Ente, das Parkhotel Bremen, das Hotel Maison Messmer in Baden-Baden sowie der Söl’ring Hof auf Sylt mit einem Zweisternerestaurant.
Jörg Böckeler, Sie haben sich früh für den Luxusbereich entschieden und in der Traube Tonbach ihre erste Ausbildung absolviert. Was gab dafür den Ausschlag?
Ich hatte das Glück, schon als Kind viel mit meinen Eltern zu reisen und in großartigen Restaurants zu essen. Diese Erlebnisse haben mich nachhaltig geprägt und in mir eine Faszination für die Hotellerie geweckt. Mich interessieren andere Kulturen, und ich arbeite gern mit Menschen – damit war meine Berufswahl schon deutlich vorgeprägt. In der Traube Tonbach angenommen zu werden war für mich eine viel größere Ehre, als ich damals realisiert habe, und ich habe meiner Ausbildung dort extrem viel zu verdanken. Besonders hat mich Heiner Finkbeiner beeindruckt und auch nachhaltig geprägt und ich genieße auch ganz aktuell den Austausch mit ihm.
Was bedeutet die Luxushotellerie heutzutage für Sie?
Das ist meine Leidenschaft, die ich voll und ganz ausleben kann. Im Herzen bin ich als Hotelier erst einmal Gastgeber. In einem Luxushotel haben Sie alle Möglichkeiten, Ihre Gäste zu begeistern und für wunderbare Momente zu sorgen. Ich sehe es als ein großes Privileg, in einem solchen Rahmen arbeiten zu dürfen und ganz besonders in meiner Rolle als CEO der Hommage Luxury Hotels Collection die Definition von Luxus weiterzuentwickeln und neu zu interpretieren.
2018 sind Sie zu Dorint gekommen. Geplant war der Ausbau der Luxushotelkollektion. Wie sind Sie vorangekommen?
Wir haben in dieser kurzen Zeit sehr viel erreicht. Wir haben die vier Luxushotels unter der neuen Dachmarke Hommage Luxury Hotels Collection relauncht und ein einheitliches Markenversprechen definiert. Dabei war es uns sehr wichtig, die Persönlichkeiten der einzelnen Hotels in den Vordergrund zu stellen und erlebbar zu machen. Wir haben dazu jeden Punkt auf der Guest Journey analysiert und überarbeitet. Außerdem haben wir die Teams ausgebaut, neue Kollegen aus dem Luxussegment hinzugeholt und viel in Training und Ausbildung
investiert. Zum großen Teil haben wir die Häuser renoviert und die Ausstattung verbessert. Ich bin sehr stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben, und der Zuspruch, den wir erfahren, gibt uns Recht.
Zuletzt sollten drei der Luxushotels, außer dem Söl’ring Hof auf Sylt, an ein ägyptisches Unternehmen verkauft werden, das die Häuser dann zu Kempinski- Dependancen umgeflaggt hätte. Was ist daraus geworden?
Es kann niemanden überraschen, dass sich in der aktuellen Situation Pläne auch kurzfristig ändern können. Wir respektieren das und planen unsere Zukunft entsprechend. Dabei sind wir sehr zuversichtlich und immer offen für neue Partnerschaften und interessante Projekte.
Kann eine Hotelperle unter Dorint-Flagge die Raten erzielen, die benötigt werden?
Die Marke Dorint hat sich in den letzten Jahren sehr stark weiterentwickelt. Wenn sie unsere neuen Hotels betreten, spüren sie sofort die besondere Qualität. Das liegt zum einen an der hochwertigen, modernen Ausstattung, aber auch an unseren »HotelHelden«, die wir auch jetzt in der Krise kontinuierlich weiterbilden und trainieren. Jedoch ist unser Anspruch in der Hommage Luxury Hotels Collection noch einmal ein anderer, und aus diesem Grunde haben wir den Vertrieb und das dazugehörige Revenue Management wie auch unseren Qualitätsanspruch im Markenversprechen klar separiert. Bei der Hommage Luxury Hotels Collection setzen wir einen weiteren Fokus auf internationale Consortia, denn hier müssen wir neben dem inländischen Markt auch eine internationale Positionierung erreichen.
Welche Perspektive sehen Sie für die Luxushotellerie insgesamt? Ist sie besser positioniert als andere Segmente?
Viele unserer Gäste wurden von der Krise weniger hart getroffen als der Durchschnitt der Bevölkerung und viele haben die Welt ja schon gesehen. Sie legen in nächster Zeit ihren Fokus weniger auf Fernreisen. Insofern, glaube ich, sind wir sehr gut positioniert und werden nach der Krise sehr schnell einen positiven Effekt sehen. Auch langfristig wird es im Luxussegment
weiteren Wachstum geben. Wichtig ist, Luxus immer wieder zeitgemäß zu interpretieren und die veränderten Bedürfnisse der jüngeren Gäste gut zu verstehen. Und auch hier gilt, dass unser kontinuierliches Investment in die Ausbildung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg sein wird, weil die Konsistenz im Markenerlebnis immer den Unterschied macht.
Welche Rolle spielt die Gastronomie?
Genuss spielt in Luxushotels eine deutlich stärkere Rolle als in allen anderen Segmenten. Der Gast eines herausragenden Hotels geht davon aus, dass er in seinem bevorzugten Haus auch gut essen kann. Beste Beispiele bei uns sind der Söl’ring Hof auf Sylt und die Ente im Nassauer Hof in Wiesbaden.
Sie waren von 2011 bis 2018 in Sydney. Dort haben Sie das umsatzstarke Hotel InterContinental gemanagt und waren darüber hinaus auch für die Häuser der Marke in Australien und Neuseeland verantwortlich. Früher haben Sie unter anderem im Kempinski Hotel Taschenbergpalais in Dresden gearbeitet sowie im Savoy in London. Wird Luxus unterschiedlich interpretiert?
Absolut, das ist ja das Schöne daran. Jede Kultur prägt auch ihre Art des Luxus. Das hat viel mit Tradition und Historie zu tun, aber auch mit der Gesellschaft und den Werten und Normen, die das Miteinander prägen. Es ist ganz wichtig, gerade für globale Marken, diese Unterschiedlichkeiten zu erkennen und ihre eigene Version des Luxus an die lokale Gegebenheit anzupassen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, es macht einen Riesenunterschied, ob Sie denselben Gast in Berchtesgaden begrüßen oder auf einer Insel im Südpazifik, selbst dann, wenn über der Tür die gleiche Hotelmarke hängt.
Worauf legen Sie den Fokus in der Luxury Hotels Collection? Welcher Wertekosmos schwebt am Firmament?
Wir haben in der Entwicklung zur Hommage die Leitwerte der Marke klar definiert. Sie sind das Fundament für unsere interne Kultur und prägen die Zusammenarbeit der Kollegen, aber auch das Verhältnis zu unseren Gästen. Wichtig sind uns Authentizität und Individualität, das gilt nach innen aber auch nach außen. Die Hommage Hotels sind besondere Persönlichkeiten, die man als solche begreifen und erleben muss. Da ist nichts glattgebügelt, das schätzen unsere Gäste, die oft auch besondere Persönlichkeiten sind. Zwei besondere Werte sind für uns Verantwortung und Leidenschaft. Die Leidenschaft, gute Gastgeber zu sein, trägt bei uns jeder in sich, vom Auszubildenden bis hin zu mir, das ist nicht verhandelbar und das sollen unsere Gäste spüren, noch bevor sie das Hotel betreten. Die Verantwortung, die wir haben für unsere Gäste, für unsere Mitarbeiter und unsere Marke sind ebenso wichtig, auch dies leben wir jeden Tag. Dazu gehört auch, dass wir partnerschaftlich über den Tellerrand hinausblicken und uns Gedanken darüber machen, welche Rolle wir spielen, in einer Stadt, in einem Netzwerk
und für unsere Partner und Lieferanten.
Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit ist sehr wichtig, sie ist kein Luxus, sondern eine Selbstverständlichkeit. Wir stellen alle Abläufe und unser Handeln auf den Prüfstand und machen systematisch Verbesserungsvorschläge. Das fängt im Einkauf an und hört vor Ort in den Routinen auf. Wir müssen alle einen Beitrag leisten, die Welt ein Stück besser zu machen. Wir nehmen diese Verantwortung als Unternehmen sehr ernst, und wir wissen, dass diese Themen unseren Gästen sehr wichtig sind. Deshalb sind wir nun auch Mitglied der Sustainable Hotels Alliance
und ich wirke dort im Executive Committee tatkräftig mit.
Färbt Luxus ab? Inwieweit kann ein Luxusbereich einer gesamten Hotelgruppe zur Orientierung nutzen?
Nein, Luxus färbt nicht ab. Das passiert nicht zufällig und nicht im Vorbeigehen. Es gibt Dinge die wir gezielt in der Hommage ausprobieren und dann systematisch angepasst an das Gasterlebnis in die Dorint übertragen.
Wie kann die Marke Hommage noch bekannter werden?
Wir nutzen intensiv die zielgerichtete Kommunikation im digitalen Bereich. Hier haben wir die Möglichkeit, unsere Gäste sehr genau zu erreichen und ihnen die Markenwelt der Hommage nahe zu bringen. Das tun wir in sozialen Netzwerken genauso wie mit Content Marketing. Unsere Zielgruppe ist sehr anspruchsvoll. Wir sind mit der Entwicklung von Markenbekanntheit
und Sympathie innerhalb der Zielgruppe sehr zufrieden. Was uns am meisten freut, ist die hohe Rate der Wiederholungsbuchungen und die Weiterempfehlungen zufriedener Gäste.
Welche Rolle spielt ein Ranking wie die 101 besten Hotels dabei?
Die vielen Auszeichnungen bestätigen uns. So sind zum Beispiel alle vier Hommage Hotels unter den besten 101 Hotels in Deutschland gelistet, was für uns eine große Ehre und zugleich ein noch größerer Ansporn ist. Ein Ranking mit klar definierten Parametern hat in Deutschland gefehlt. Vieles war von Subjektivität geprägt. Mit der neuen Rangliste sind wir in die Liga der
internationalen Vergleichbarkeit aufgestiegen.