Marco Zanolari ist General Manager im Grand Resort Bad Ragaz. Im Interview mit Carsten K. Rath verrät er, wie er die Balance zwischen Familie und Karriere findet. Außerdem spricht er über das Erfolgsrezept des großzügig angelegten und eines der erfolgreichsten Resorts im Herzen der Schweizer Voralpen
Wir beide haben vor langer Zeit zusammengearbeitet.
Erzähl doch unseren Lesern kurz deine Erinnerungen
dazu (bitte nur die guten).
Ich durfte das Castell son Vida auf Mallorca mit dir eröffnen. Ich habe damals den Bereich Food & Beverage unterstützen dürfen. Es war eine sehr herausfordernde Eröffnung, doch die viele Arbeit hat sich mehr als gelohnt. Das Son Vida erstrahlt seitdem wieder frisch, es war außerdem ein einprägsames Event.
Du hast international eine großartige Karriere gemacht und in einem der schönsten internationalen Resorts, dem Four Seasons Resort Maui gearbeitet. Warum die Rückkehr in die Ostschweiz, Bad Ragaz?
Es gibt verschiedene Treiber für so eine Entscheidung. Einer war meine Familie. Meine Frau ist Schweizerin, wir haben zwei Kinder, denen wir mehr als nur die Schweizer Wurzeln mitgeben wollten, sie sollten ihre Herkunft kennenlernen. Für meine Karriere war das Grand Resort Bad Ragaz sehr reizvoll, da es so viele wunderbare Facetten präsentiert. Die visionären Hauptaktionäre begleiten das Haus seit vier Generationen und behalten bis heute die Zukunft fest im Blick. In so jungen Jahren als General Manager ein Weltklassehotel in der Schweiz führen zu dürfen ist schon speziell und eine schöne Herausforderung.
Grand Resort Bad Ragaz – das klang in meinen Ohren nach klassischem, etwas altbackenem Heilfasten. Doch die Realität sieht zum Glück ganz anders aus. Du hast alles umgekrempelt, erzähl uns davon.
Das Haus war schon immer zukunftsorientiert ausgerichtet, auch wenn für die Außenwahrnehmung unser Marketing immer wieder sehr viel kommunikative Arbeit leisten musste. Unser Schlüssel sind die unterschiedlichen Zielgruppen, die wir ansprechen. Wir sind ein vielfältiges Dreigenerationenresort. Kinder sind sehr wichtig in unserem Konzept. In diesen Bereich haben wir stark investiert: Heute freuen sich die Kleinen über ein exzellentes Kinder-Spa und eine ausgebaute Kindervilla mit speziell ausgebildeten Angestellten. Langweilig wird ihnen sicher nicht mit Kletterwand, Schwimmbecken und Spielräumen. Während sich die Kinder auspowern, relaxen die Eltern in unserem Spa. Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Pools, die allesamt mit Thermalwasser gefüllt sind, sind wir das größte Hotelspa der Schweiz. Überhaupt ist es das Thermalwasser, was uns so einzigartig macht. Mehr als 1.000 Liter des heilenden Wassers sprudeln mit 36.5 Grad pro Minute aus der Quelle ganz hinten in der Taminaschlucht. Hier erlebt der Gast unsere Ursprünge: Das Wasser fließt zuvor rund elf Jahre durch verschiedene Gesteinsschichten, bevor es zutage tritt.
Zwei Zweisternerestaurants, insgesamt fünf Michelin-Sterne komplettieren euer großartiges Angebot. Erzähl unseren Lesern bitte mehr über eure Kulinarik.
Vor drei Jahren begannen wir, das Resort in ein moderneres Kleid zu stecken. Ein guter Ansatzpunkt für eine Modernisierung ist dabei immer die Gastronomie, denn sie fasziniert Menschen auf unterschiedliche Weise. Wir möchten, dass unsere Gäste im Resort mit unseren insgesamt sieben Restaurants kulinarisch etwas erleben. Damals wussten wir natürlich noch nicht, dass wir gleich zwei Zweisternerestaurants betreiben dürfen. Das hat sich so entwickelt. Der Plan war und ist es, dass wir mit unseren Restaurants alle Generationen ansprechen wollen. Das »verve by sven« ist heute das Herzstück des Grand Hotel Quellenhof, das wir für 45 Millionen Franken komplett umgebaut haben. Die Gastronomie ist gleichzeitig Herzstück und Pulsgeber dieser Planung. Das verve by sven ersetzt heute ein französisches Restaurant und präsentiert Health-und Lifestyle-Gerichte. Unsere Küche ist gesund und schmeckt. Gesund sind Zutaten, die uns etwas über die Region erzählen und uns lehren, wieder zu genießen, ganz ohne schlechtes Gewissen.
Wie definiert ihr denn Gesundheit in einem Restaurant?
Natürlich mit lokaler Küche und regionalen Produkten. Ein weiterer Aspekt, der vielleicht etwas ungewöhnlicher ist: Wir kochen ganz bewusst kleinere Portionen. Wir nehmen nicht 180 oder 220 Gramm Fleisch oder Fisch, sondern bei uns kommen nur ca. 120 Gramm auf den Teller. Das wirkt sich auf alle Seiten positiv aus, nicht zuletzt aber vor allem auf die Gesundheit der Gäste. Unsere Gäste sind begeistert, denn ein weiterer wichtiger Punkt ist es, den Gästen zu erklären, warum die Portionen kleiner gehalten sind.
Noch bis vor Kurzem schlossen sich Nachhaltigkeit und Luxus aus. Jetzt bedingen sie einander. Auch hier hast du ein entsprechendes Food-Konzept entwickelt.
Wir initiierten das »LeftLovers«, ein Pop-Up-Restaurant, in dem nicht genutzte Speisen und Zutaten aus dem Grand Resort zu Fingerfood verarbeitet werden. Gemeinsam locker im Park sitzen – sei es auf der Wiese oder im Liegestuhl – und dabei in Gemeinschaft Spaß haben und genießen. Das ist unser Ziel. Damit haben wir ein Food-Konzept geschaffen, das dem Grand Resort aber auch den Menschen im Ort nahekommt. Zusammen mit einer Gruppe Studenten der Hotelfachschule EHL Passugg entwickelten wir die Gerichte, die in der warmen Jahreszeit täglich zu ansprechenden Preisen angeboten werden. Die Studenten haben das Pop Up dann auch direkt übernommen und führen dies als Managementpraktikum. Tolle Zusammenarbeit.
Wie bekommst du alle Mitarbeiter:innen – und es arbeiten viele Charaktere bei dir – unter einen Hut?
Authentizität ist der Schlüssel. Für mich steht das Erlebnis des Gastes in Bad Ragaz im Zentrum. Die Authentizität der Mitarbeiter muss spürbar sein, dazu gehört auch, dass die Mitarbeiter eigenständig Entscheidungen treffen. Wir ermutigen sie sogar dazu. Natürlich werden dann auch Entscheidungen getroffen, die wir vielleicht weniger gut finden. Dann thematisieren wir dies und lernen davon. Grundsätzlich findest du bei uns eine sehr freie Kultur. Die Mitarbeiter fühlen sich wohl und transportieren das auch nach außen, zum Gast. Wir sind ein Haus mit sehr traditionellen Wurzeln. Wir möchten auch weiterhin unsere Stammgäste glücklich machen und haben gelernt, dass der Mensch, also unser Team, am meisten überzeugt. Im Grunde kann man umbauen, was man möchte, solange wir die gleichen Mitarbeiter haben, können wir ein Produkt verändern, und die Gäste bleiben zufrieden. Wir haben einen schönen Mix zwischen Mitarbeitern, die schon sehr lange hier sind, und Mitarbeitern, die neu dazugekommen sind. Unsere Unternehmenskultur ist sehr familiär, das macht den Unterschied. Jeder Mitarbeiter kann eigene Geschichten erzählen und Empfehlungen weitergeben, das erwarten die Gäste heute mehr denn je.
Nun ist Bad Ragaz weltweit als Marke bekannt. Wie wichtig sind für dich Rankings? Wie wichtig ist es für deine Mitarbeiter:innen und vielleicht auch für deine Gäste?
Rankings sind eine sehr schöne und wichtige Bestätigung unserer täglichen Arbeit. Wir zelebrieren das auch. Es erfüllt uns mit Stolz, wenn wir in einem Ranking erwähnt werden. Es fördert den Teamgeist und zeigt uns auf, was wir zusammen erreichen können. Natürlich helfen Auszeichnungen auch bei der Vermarktung und öffnen neue Märkte. Jeder träumt gerne: In der letzten Zeit haben wir verstärkt vom Reisen geträumt. Wünsche müssen stimuliert, die Ideen und Ansätze dahinter möglichst breit präsentiert werden. Dementsprechend sind Ehrungen für uns sehr, sehr wichtig und wertvoll.
Eine persönliche Frage zum Abschluss. Du siehst für einen General Manager eines großen Hauses sehr entspannt aus. Was ist dein Geheimnis?
Ich arbeite in einem Wellnessresort, da habe ich selbst die Erwartung, dass die Mitarbeiter dementsprechend in Balance sind und das auch ausstrahlen. Wir vermitteln die Geheimnisse eines gesunden Lebens und halten sie auch selbst ein: guter Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und natürlich ausreichend Bewegung. Die drei Aspekte gehören in unser Resort und sollten sich auch in den Alltag der Gäste integrieren. Ein Arztbesuch ist manchmal notwendig, sicher. Aber das Ziel ist es dann, möglichst gut weiterleben zu können mit möglichst viel Energie. Genau diese Energie möchten wir vermitteln. Für mich fühlt sich das nicht nach Arbeit an, es bringt mir Freude, ich bin sehr zufrieden hier. Wir dienen gerne dem Gast. Jeder Gast soll spüren, dass wir mit Freude an die Arbeit gehen.